Die feuchte, schwere Brise wehte vom Meer herein und über die verwachsenen grünen Wälder des Grünstreifens. Riki flog sein Jetmotorad über die Orange Road, die Verbindungsstraße die Flare (Area 2) und Janus (Area 6) miteinander verband.

Er parkte sein Motorrad wie immer in der Fachwerkstatt am Rande der lila Stadt und spazierte den Bürgersteig entlang. Die Straßen waren von hellem Sonnenlicht durchzogen und von dunklen Schatten unterbrochen. Es war noch nicht Mittag und der Fußgängerbetrieb war nicht sonderlich dicht. Als Folge dessen schlug das bekannte Spiel von Licht und Schatten in den Straßen auf sein Gemüt und machte ihn lustlos.

Mit den Touristen die sich immernoch von ihren durchzechten Nächten erholten war dies vermutlich die ruhigste Zeit des Tages. Sich einen Überblick beschaffend setzte Riki seinen Spaziergang fort.

Es war die bestes Zeit des Tages um zwischen den Grenzen der verschiedenen Bereiche Midas zu wandern und sich dennoch an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten. Und die beste Zeit bei einem Spaziergang die sauberen und ordentlichen Straßen zu betrachten. Anfangs hatte es ihm immer Unbehagen gebracht und dafür gesorgt das er in seinem Gang stolperte. Aber nun hatte er sich sehr gut daran gewöhnt.

Er verlies die Hauptstraße und trat in die Seitengasse. Seine Sinne geschärft trat er durch die Hintertür der 24 Stunden Apotheke. Dies war der Eingang für die Kuriere. Ein Scan seiner rechten Handfläche öffnete und schloss die Tür.

Katze's Büro war im Untergeschoss.

Riki hatte etwa zwei Stunden zuvor Nachricht von Katze erhalten. Da es keinen Hinweis auf einen Eilauftrag enthalten hatte tauchte Riki genau so auf wie sonst auch, zehn Minuten vor dem eigentlichen Termin.

Das Untergeschoss wurde durch einen maßgeschneiderten Aufzug erreicht über den jeder eine eigene Meinung hatte.

„Niemand verwendet mehr solch einen alten Kram.“

„Kein Mensch versteht warum der Boss auf solche altmodische Sachen steht.“

„Genug davon, ich bin dafür das wir es endlich gegen das neuste Model austauschen.“

Ersatzteile waren für dieses alte Modell nichtmehr zu kriegen wenn man sie nicht speziell für diesen elektrischen Aufzug nachbestellte.

Warum die Inkarnation von Fähigkeit und Rationalität die Katze war auf solche eine Antiquität Wert legte war ein Rätsel. Riki führte die Schlüsselkarte ein die er von Katze bekommen hatte und die Aufzugtüren öffneten sich. Er trat auf die Blattform und die Türen schlossen sich hinter ihm. Die Art und Weise wie sie schwankte war ihm inzwischen vertraut und entlockte ihm ein leichtes Gähnen.

Riki wusste nicht wieviele Stockwerke unter der Erde Katzes Büro lag. Es gab keine Bedientafeln oder Stockwerksanzeigen in dem Aufzug um das Stockwerk bestimmen zu können. Der Aufzug hielt einfach an in dem Stockwerk in dem Katze seinen Aufenthalt hatte und das war alles was Riki wissen wollte und deswegen störte er sich nicht daran.

Der Aufzug war nicht ganz das Ende der Ungewöhnlichkeiten in Katzes Büro. Mehr als Einfachheit der Einfachheit halber, hatte Katze alles aufdringliche, unproduktive oder nutzlose aus seiner Einrichtung verbannt. Sein Büro war wie eine unwirkliche schwarze Schachtel. Und egal wie oft Riki schon hier gewesen war. erschreckte es ihn noch immer.

Katze erschien ihm wie ein zwanhafter Freak. Das verwirrende Gefühl des Ortes lies ihn immerzu aus der Balance geraten. Auf der anderen Seite, so unkomfortabel der Raum für Riki auch sein mochte der sein Leben im Chaos der Slums zu seinen Füßen verbrachte, so spiegelte das klare androgyne Erscheinungsbild des Büros Katzes Persönlichkeit wieder.

Mit den selben Wurzeln im selben Slum, fühlte Riki mit jedem weiteren Treffen die Distanz zwischen ihnen. Dies musste die Distanz sein zwischen einem gemachten Mann und dessen Untergebenen.

Seine Anwesenheit bemerkend warf Katze ihm einen willkommen heißenden Blick zu wie immer. Aber ungewöhnlich daran war das er jedesmal wenn Katze dabei nicht seinen Computer von sich schon Riki das Gefühl hatte das er zu spät wäre. Er warf einen Blick auf das Sofa in der Ecke, das einzige Objekt im Raum das den Raum etwas komfortabler erscheinen lies.

Auf dem Platz der eigentlich für ihn reserviert war saßen zwei Kinder zusammen. Das habe ich nicht erwartet, dachte er. Ich denke es gibt für alles ein erstes Mal. Soweit er wusste erlaubte Katze nie Personen die nichts mit der Arbeit zu tun hatten in seinem Büro, Kinder schon gar nicht.

Die Kinder sahen für ihn nicht sonderlich niedlich sondern eher verführerisch aus. Ihre Augen und Lippen glichen einer engelshaften Ausstrahlung. Von einem einfachen Blick hätte er nicht sagen können wie alt sie wären. Dies war die Art von Attraktivität die sie besaßen.

Die beiden saßen so perfekt zusammen wie puppen, die perfekte Dekoration in diesem steril eingerichteten Raum. Riki fragte sich ob sie nur da waren um diese Art von Ablenkung für die Augen zu schaffen. Er hielt sich selbst zurück über seinen unsäglichen Witz zu lachen.

Beide waren in luxuriöse Roben gekleidet die an frühere Zeiten angelehnt waren, vergangene Zeiten, ihrer Identität eine noch größere mysteriöse Aura verleihend. Sich das alles ansehend wurde Riki neugierig das Katze – schweigend auf die Tastatur tippend ohne eine Erklärung – ihn irgendwie testen wollte.

Der eine, blutrote Rubinohrringe tragend, hatte volles blondes Haar das selbst aus der Distanz sehr weich aussah. Das Bild des einen Blondies wunderbaren, langen goldenen Haares sprang in Rikis Gedanken. Erinnerte ihn an die schmerzhafte Sensation als wenn er einen kleinen Knochen verschluckt hätte und er räusperte sich.

Des anderen Kindes schimmernden schwarzen Haare, leuchtend und vergleichbar mit seinen, flossen über dessen Schultern, akurat in Form gebracht.

Vermutlich um noch mehr Aufmerksamkeit auf ihre gemeiselten Züge zu setzen, waren große Saphire auf ihren Stirnen drapiert. Riki war kein Fan von Schmuck und war auch nicht wirklich an deren Wert interessiert, aber er hatte keinen zweifel das diese Rubinohrringe und die Saphire auf ihren Stirnen ein Vermögen wert waren.

Zur gleichen Zeit konnte er mit Gewissheit sagen das die beiden einen guten Job darin machten diese gewisse Ausstrahlung zu verstecken die sie beide besaßen. Sie hielten die ganze Zeit die Augen geschlossen, nahmen seine Anwesenheit nicht mit einem Blick wahr.

Endlich sprach Katze, „Entschuldige das ich dich warten lies. Musste noch einige Dinge klären. Hat mich etwas länger gedauert als ich dachte um einen guten Platz zum Abheben zu finden.“ Diese Erklärung hörte sich mit einem leichten Unterton an wie eine Art von Erlösung.

„Und Alec?“

Bei der Erwähnung von Rikis Partner meinte Katze nur „Warenlager Nummer drei,“ für das Katze in aller Eile die Versandpapiere vorbereitet hatte.

Vom ersten Moment an seit sie zusammen gearbeitet hatten, hatte Alex den neuen unter seine Fittiche genommen. „Vielleicht sagt ein Bild mehr als tausend Worte, aber es nur anzusehen wird es nicht bringen. Es kommt alles mit der Erfahrung.“

Das war Alecs Lieblingsspruch. In letzter Zeit hatte er die leichtere und verschiedene irre Jobs an Riki überlassen um sich auf die wirklich wichtigen Sachen konzentrieren zu können.

Es kommt immer auf die Erfahrung an.

Und es war nur zu einfach für Riki. Aber als Lackei die Arbeit zu erledigen und zu sehen das all die Arbeit seinem nichtstuenden Partner zugeschrieben wurde regte in Riki den Verdacht das dieser nur seine eigene Last verringern wollte.

Auch wenn er gehört hatte das der Job diesmal das verschicken eines Paketes in den Bezirk Laocoon beinhaltete war Riki nicht wirklich überrascht. Er hob nur die Augenbrauen als er erfuhr das das Paket diese beiden Kinder waren.

Nicht den direkten Weg nehmend sondern über ein Frachtschiff verladen zu werden sagte auch einiges über die Herkunft der beiden aus.

Ja aber sie sind dennoch ein Paar Lümmel, dachte Riki. An diesem Punkt in seinem Leben hatte er sich nie wirklich als Moralist angesehen wenn es um die Vorlieben anderer Menschen ging. Aber wenn es um Perverse und vorpubertierende Kinder ging war er sich da nichtmehr so sicher.

Ein einfacher Kurier würde sich nicht wirklich darum kümmern. Auf der anderen Seite jedoch -

Während er einen weiteren Blick auf die beiden warf legte Riki den Kopf nachdenklich schräg. Er verstand es einfach nicht. Trotz den gepiercten Ohren und dem Bindi auf ihrer Stirn war es sichtbar das sie nicht aus dem einfachen Harem stammten. Von dem wenigen was er erkennen konnte war er sich sicher das es sich um Hochklassige Pets handelte.

Die Art von Pet die durch Hintertüren verkauft wurden. In Betracht nehmend das die eiserne Regel der Händler besagte das alle Artikel durch einen strengen Qualitätscheck zu gehen hatten war es unfassbar das die beiden zufälligerweise blind waren. Aber er war nicht derjenige der bereit war dies direkt vor ihnen anzusprechen.

Katze erklärte die momentanen Begebenheiten und die beiden wurden von einem seiner Assistenten verpackt und aus dem Raum getragen. Niemand musste es Riki sagen. Kein Grund Steine umzudrehen. Mach einfach deinen Job. Aber dennoch überkam ihn die Neugier zu wissen was los war das eine Firma solche Wege einschlagen musste.

Aber Katze kam direkt zum Punkt. „Das war ein Lanaya Special.“

„Aber hat der Shop nicht vor kurzem zugemacht?“

„Das ist es was die Öffentlichkeit glauben sollte. Aber es gibt immer irgendwelche Fanatischen die bereit sind Geld in bestimmte Taschen zu stecken um an solche Puppen zu kommen. Wenn du mit den Dingen mit denen du geboren wurdest nicht klar kommst dann versuchst du es im Untergrund. Für die Geschäftsleute startet alles mit der unbefriedigten Nachfrage und wächst von da an.“

Katze legte einfach diese Fakten des Lebens vor sich aus, lies seine persönlichen Gefühle vollkommen außer Acht. Riki, im Gegenzug dazu, konnte den Anflug von Abneigung in seinem Gesicht nicht verbergen. Katze zeigte kein zynisches oder ironisches Lächeln als Antwort, aber in der selben, neutralen sti8mme fuhr er fort: „Es ist nicht so das der Markt entscheidet was hässlich oder was schön ist. Unser Job ist es unseren Job gut zu machen. Denk nicht soviel nach.“

„Ja das hab ich schon kapiert, aber“ war alles was Riki sagen konnte, den Rest seines Satzes runterschluckend.

Lavana Hugo. Allein der Name hatte die Legenden überlebt die für Riki nicht mehr als einfache Legenden waren. Einst in einer Zeit in der die neonerleuchteten Straßen Midas war es der Ort gewesen der Menschen Gänsehaut bereitet hatten. Zu schwarz war der Name um die pure Angst zu beschreiben die Menschen erfasste, es war ein Horrorladen für die perversesten Freudensucher.

Männer und Frauen gleichermaßen, hochintelligente Personen im Charakter und mit reinem Herzen. Männer und Frauen waren reduziert auf „männlich“ und „weiblich“, Rationalität und moralische Standards waren weggerissen das die raue, menschliche animalische Natur so wunderschön war das sie Erstaunen hervorrief. Aber keiner von ihnen war so im Gleichgewicht.

Auch wenn diese Deformierungen aus der natürlichen Fortpflanzung heraus entstanden, so waren sie doch Chimären die aus einer zufälligen Mutation heraus entstanden. Sie wurden kreiert aus dem einfach Code der Genetik. Und das nur im herzlosen Streben danach das perfekte Äußere zu erschaffen. Pathetisch.

Aber all diese Arbeit war nicht nur dazu da ihre Kreationen der Welt vorzustellen. Diese „Feeen“ hatten keine andere Aufgabe als als Sexpuppen für Perverse herzuhalten.

Sie waren alle blind, nicht so sehr um die Wünsche der Kunden zu erfüllen, sondern eher um das Selbstwertgefühl der Kunden bezüglich ihrer Vorlieben zu schützen. Wenn man die Fähigkeit des Sehens eliminierte, wurden die anderen Sinne dafür umso mehr geschärft.

Um den Kunden vor eventuellen Verletzungen durch unbeabsichtigte Bisse zu schützen wurden in einem bestimmten Alter die Zähne entfernt. Nach dieser Prozedur wurden sie in jungen Jahren umfassend auf die Fähigkeiten im Schlafzimmer vorbereitet. Mutierte Sexpuppen die nie einen Fuß aus dem Zimmer setzten für das sie entwickelt wurden.

Riki reagierte auf diesen Gedanken genauso wie auf den Geruch des Abfalls in den Slums. Unbelebbar, aber am leben. Die lebenden Toten. Einfach die Verzweiflung in einem Gefängnis zu verrotten das sich „Freiheit“ nannte. Es gab mehr Perverse in der Welt als sogenannte „Dilettanten“ die unzufrieden mit normalem Sex waren, als Riki je darüber nachdenken wollte.

Die Grundlage der Vergnügungsviertel in Midas war es die aufzufangen die frustriert und vernachlässigt waren, sich um sie zu kümmern und sie zu schützen.

Vielmehr wurde darauf geachtet das die Exzesse von einer privaten Vorliebe nicht in der Öffentlichkeit breitgetreten wurden. Niemand würde diese Geheimnisse verraten. Ein Kunde musste keine unnötigen Risiken eingehen. Dies war ein Shangri-La, wo die Menschen sich so verhalten konnten wie es ihr Herz begehrte.

Besucher die sich einmal die Möglichkeiten ansehen wollten konnten als wiederkehrende Geschäfte verbucht werden, einer der Gründe warum die unsterbliche Nacht in Midas nie enden würde.

Ein erfolgreicher Geschäftsmann, der Anführer einer Aristokratenfamilie bekannt im ganzen Sternensystem, verliebte sich so sehr in eine dieser mutierten Sexpuppen, welche schrecklich litt körperlich und seelisch und jagte sie beide in einem selbstmörderischen Bombenanschlag in die Luft.

Der Geschäftsmann der sich selbst tötete hatte eine hohe Reputation als würdevoller und hochintelligenter Pazifist. Als Konsequenz zum auftretenden Skandal verschwand Layana Hugo, der Stadtweite Champion der Perversität, von der Bildfläche.

Auch wenn er weder einen sozialen Status noch Geld hatte bei seinem Verschwinden, wurde der Name Layana Hugo über die Grenzen des Sternensystems hinaus bekannt, auch unter denen die keinerlei Verbindungen mit Midas hatten.

Wären sie einfach nur schweigend von der Bildfläche verschwunden statt sich in einem Anflug von brutaler Glorie in die Luft zu jagen wäre der Skandal nicht so ausgefallen. Hatte der Mann nur seine eigene Begnadigung im Kopf gehabt.

Stattdessen wählte er den Weg seine mutierte Sexpuppe mit sich zu nehmen in einem öffentlichen Tod, die Fragen unbeantwortet lassen was seinen kranken Geist dazu getrieben hatte sein Leben auf diese spektakuläre Art und Weise zu beenden. Seine Verwandten waren zunächst davon überzeugt gewesen das es sich um einen Unfall gehandelt hatte, oder das er das Opfer einer Verschwörung oder eines terroristischen Aktes war. Die Aufmerksamkeit der galaktischen Massenmedien konzentrierte sich auf Midas.

Aus Angst das als Folge die Berichterstattungen dem Bild des „risikofreien“ Vergnügungsviertels schaden würden, hatten die höheren Beamten ruhig und zügig an einer Vertuschung gearbeitet.

Der erschreckende und skandalöse Tod dieses Mannes, der ein „angesehener Mann im Commonwealth-Sternensystem“war, gefährdete auch den Ruf aller im Commonwealth. Es könnte so große Funken schlagen das selbst die die in Tanaguras Schatten lebten und arbeiteten sich verbrennen würden.

Das fürchteten sie jedenfalls.

Im Gegensatz zu diesem Gefühl der Bestürzung, verlangte die Familie – immernoch im Dunkeln gelassen bezüglich des Vorfalles – von den Behörden eine gründliche Untersuchung des Falles. Sie hatten mehr als genug Geld und Einfluss um sich Gehör zu verschaffen und so peitschten sie die Medien in einen Rausch. Sie wurden schließlich mit der Unentschlossenheit der Commonwealth-Offiziellen abgespeist die als Vermittler auftraten. Die Dinge selbst in die Hand nehmend versammelte sich die ganze Familie in Midas.

Midas anklagend alle Details des Vorfalles unter einem Schleier der Geheimhaltung zu entwickeln und von der Überzeugung besessen dass sie mit den Mächtigen die Wahrheit besprechen müssten, konnte sich niemand ihnen in den Weg stellen.

Oder vielleicht suchte diese Familie, deren Autorität über die anderen Planeten der Galaxie herrschte, nur nach dieser vom Himmel gemachten Gelegenheit um Amoy dazu zu bringen vor ihnen zu knieen. Zu guter Letzt nutzen sie die Situation um Tanagura zu verklagen, brachten unerhörte Anklagen zum Vorschein in Forderung auf Entschädigung.

Midas, welches bis zu diesem Zeitpunkt sein Schweigen aufrecht gehalten hatte, wurde müde der Aufschreie und ausgeplauderten Einzelheiten des Vorfalles durch die Familie. Von Überraschung getroffen verfiel die Familie in Schweigen. Flüsternde Familienmitglieder standen an Ort und Stelle.

Danach informierten sie die Massenmedien, dass der gesamte Vorfall eine Tat eine Verschwörung gewesen wäre um ihren Ruf zu schädigen. Wiederholten die hysterischen Behauptungen bei jeder Chance und wirbelten eine Menge Staub auf aber sie erreichten wenig mehr als das ihr Name noch tiefer in den Abgrund sank statt ihre Ehre wieder herzustellen.

Im Zuge des beispiellosen Skandals wurde dafür gesorgt das die Türen von Layana Hugos Dämonen-verfolgten Geschäfts verschlossen wurden. Aber es erwies sich als zweifelhafter Sieg für die einstige Adelsfamilie, jetzt nur noch ein blasser Schatten ihrer einstmals glorreichen Vergangenheit. Die Verwirrungen in die die Touristen gerieten schafften es selten in die Nachrichten und niemals erreichte es einen solchen Skandal.

Es ist wirklich alles passiert, behauptete Katze ruhig.

In der Zwischenzeit war Layana Hugo in den Untergrund gegangen und war gerade dabei seine Rückkehr zu planen. Er hatte die Bestellungen für personalisierte Sexpuppen wieder aufgenommen.

Die Familie des Mannes hatte ihren Status verwendet, Geld und Macht um das Commonwealth an der Nase herumzuführen. Deren plötzlicher Fall resultierte in ihrem verzweifelten Kampf um Macht auf der Ebene der Regierungselite. Die schrillen Glocken der “Verschwörung” klangen plötzlich ultimativ dumpf.

Oder taten sie es? Spannen böse Männer nicht in den Schatten ihre Netze weiter? Konnte jemand beweisen das sie es nicht taten?

Ganz egal wie reicht man ist, Blut kann immer verderben. Eine große Organisation wird einen kleinen Menschen vernichten, nur eine kleine Schwäche kann das ganze Gebilde in die Knie zwingen,” führte Katze fort,

“War er wirklich so verderbt und hat alles verloren, oder war er ein Held? Sollte das nicht von Menschen entschieden werden die dabei waren und nicht von Fremden?”

“Du findest das alles zu irrational?”

“Es ist alles das gleiche für mich. Ich denke das was andere als gerecht und richtig bezeichnen ist einfach nur eine andere Version der Wahrheit. In meinem Fall, sehe ich das so wie ich will.”

“Selbst wenn du weißt das die Person vor dir dich verraten hat?” Katze sah Riki hart aus seinen aschegrauen Augen an.

Aus irgendeinem Grund verschlug es Riki daraufhin die Sprache. Er konnte seinen Blick nicht senken. Er verstand nicht wieso gerade Katze so etwas sagen würde, aber es war schwer zu glauben das es von etwas anderem motiviert war als von der Geschichte eines mannes der seine Familie zerstört hatte.

Das war nicht Katze, und Riki hatte das Gefühl das er einen kleinen Teil des wahren Katze durch den Riss in dieser kalten, undurchdringlichen Maske gesehen hatte.

“Vielleicht wenn es keine anderen Kompromisse gibt, lernst du damit umzugehen”, den Drang verspürend unter Katzes schwerem Blick etwas zu sagen. “Sobald du zu der Erkenntnis gekommen bist das manche Menschen einfach niemals mit dir glücklich werden würden und du damit abgeschlossen hast, dann gibst du den halbherzigen Versuch auf, eine Art Heiliger zu sein, meinst du nicht?”

Riki sprach die Dinge aus zu denen er sich selten äußerte.

“Wenn du nur zwei Hände hast um das wichtige in deinem Leben zu halten dann musst du, egal wie sehr du es auch hasst, eine dritte Sache aufgeben.”

ES war nur eine einfache Wahrheit das kein Mensch jemals hart genug arbeiten konnte um alles richtig zu machen. Die Händer der Slumbewohner waren leer trotz Hoffnungen und Träumen. Und doch hielt Riki in seinen Gedanken an diesen fest. Sie haben nur zwei Hände um die wichtigsten Dinge im Leben zu halten.

Das Gewicht dieses Lehrspruches war nun noch mehr in das Gesicht der Person geschrieben die ihn ausgesprochen hatte.

“Also was auch immer du nicht mit deinen eigenen beiden Händen halten kannst, das wirst du los?” Murmelte Katze zu sich selbst, seine Wange reibend während er über die Bedeutung dieser Worte nachdachte. Und wähernd er das tat schien die Narbe, die wie ein Graben auf seinem sonst attraktiven, unbeweglichen Mine prangte zu zittern. Diese Narbe hatte Katze den Spitznamen “Subzero Scarface” eingebracht.

Riki war überrascht von der unerwarteten Reaktion Katzes sich eine Zigarette herauszupicken und sie mit geübter Leichtigkeit zu entzünden. Er nahm einen tiefen Zug und atmete langsam den Rauch aus, ein Anblick der ihm inzwischen sehr vertraut war.

“Ich verstehe das erklärt deine unerschütterliche Einstellung.” Katze kehrte zu seiner ursprünglichen Art zurück. “Ich kenne niemanden der soetwas in der Art in Guardian gelernt hat. Ein Ergebnis auf das du selbst gekommen bist? Oder etwas das du von jemand anderem gelernt hast?” 

Die Erwähnung von Guardian erwischte Riki unerwartet. Normalerweise wenn er sich direkt mit Katze unterhielt erwähnte Katze nicht ein Wort über die Slums. Er hatte noch nie wirklich eine lange Unterhaltung mit ihm geführt die sich nicht in erster Linie um Arbeit handelte.

Riki konnte nicht wirklich den Grund erkennen warum, aber Katze verhielt sich anders als sonst. Seit einer Weile wehte ein anderer Wind durch diesen Ort, ein Rätsel das er noch nicht lösen hatte können. Es war merkwürdige Sensationm wenn auch nicht außergewöhnlich, und so hatte er sie als Einbildung abgetan.

Auf dem Schwarzmarkt gab es eine einzelne Person, einen Slumbruder, der seine Vergangenheit teilte. Er hatte keine Intention sich darauf zu verlassen, aber die harte Realität von Katzes Existenz lies es so etwas wie eine Kompassnadel für ihn werden. Es gab kein Abstreiten das es ihn beruhigte.

“Als ich Guardian verlies, sagte Aire das zu mir.”

“Aire? Oh, du meinst die Große Schwester deines Blocks?”

“Sie war nicht meine große Schwester. Sie war ein Freund.”

“Also ein Zellengenosse?”

“Nicht ganz... Sie war kein Donny”, sagte Riki in klaren Worten die Slumsprache für persönlichen Freund verwendend. “Sie war eine Mary” Er meinte einen nahen Kollegen oder Mitarbeiter.

Diese Worte in diesem Kontext zu hören liesen Katze stutzen. Mit einer Bewegung ähnlich eines Fischers der seine Leine einholt schnippte er die Asche vom Ende seiner Zigarette. “Kein Donny aber eine Mary, hm? Du ziehst hier aber sehr feine Haarlinien.”

“Ich war es nicht der diese Linie zog”, antwortete Riki mit einer undurchdringlichen Mine. “Sie waren es.” Egal wie viele Jahre vergangen waren seit er Guardian verlassen hatte manche Dinge änderten sich nicht.

Katze lächelte weder noch zeigte er eine zynische Grimasse sondern sah Riki nur stumm an.

Riki hatte keine “Freunde” in Guardian. Was er hatte war zeitbegrenzte Nebensteher oder Beobachter die ihre Distanz wahrten, und Feinde die früher oder später ihre Krallen zeigten und die Zähne fletschten. Nun gab es da eine heilende Anwesenheit die ihn verstand.

Er hatte seine Vergangenheit und seine Kindheit nur mit Kollegen und Mitarbeitern geteilt. Eine Beziehung die er ehrlich “Freundschaft” nennen konnte hatte so gut wie nie existiert. Der einzige sogenannte Garten in Ceres, Guardian war für Riki weder Heimat noch Hölle, sondern ein geschlossenes Gefängnis.

“Natürlich. Und? Ich denke Aire war dein Senior?”

“Drei Jahre lang um genau zu sein.”

“Drei Jahre ist fast ein Leben in Guardian. Und Frauen haben doch so eine lose Zunge. Sie muss ein sehr besonders Mädchen gewesen sein um solch eine Weisheit weiterzugeben in diesem Alter.”

“Ich glaueb ich wusste nur das sie schön war. Jeder nannte sie Saint Langeais, Der Engel.”

Ein glänzendes platinblondes gelocktes Haar und Augen wie zwei Edelsteine. Die Nannies, wie sie genannt wurden, waren ganz verzückt von ihr und hübschten sie auf von Kopf bis Fuß. Aire glänzte wie einer der dekorativen Engel die auf die Decke gemalt waren.

“Nun geh aber nirgendwo anders hin, Riki. Du bist mein Glücksbringer. Versprich mir das du für immer und ewig bei mir bleibst?”

Nichts in der Welt hätte mehr erfreuend sein können als die zuckersüßen Worte die Aire über ihre kirschfarbenen Lippen brachte oder der Abendkuss den sie mit ihrem charmanten Mund verteilte. So lange Zeit war vergangen und doch war die Erinnerung noch frisch in seinen Gedanken. Aire war der Mittelpunkt seiner Welt gewesen.

Und dann kam der tag, die Schreie und Rude echoten in einem Aufruhr. Das Endresultat war ein Schwarm von Erwachsenen die er noch nie gesehen hatte und die ihre Welt aus den Fugen rissen. Wenn Riki nun darüber nachdachte war das der Moment gewesen wo der Traum endete und die Realität begonnen hatte.

Der Riki damals hatte nichts verstanden. Alles was er wusste war das er an das grausame Rad des Schicksals gebunden worden war und als Kind absolut machtlos dagegen gewesen war.

Aber Rikis sentimentale Erinnerungen berührten Katze wenig. “Huh. Das klingt für mich wie eine Ausnahme zu den Regeln. An diesem Ort war die Regel das alle Kinder gleich waren. Niemand hatte dich anders anzusprechen oder dich für eine Sonderbehandlung auszusondern. Hatten sich die Dinge so sehr geändert während du da warst?”

Die ruhigen Worte Katzes verdrehten Rikis magen. Er und Katze sprachen von zwei unterschiedlichen Orten. Riki versiegelte seine Gedanken und behielt seine Ruhe bei. “Ist nicht die Idee dahinter das alle Kinder gleich sind und gleich geliebt werden eine Lüge? Die Kinder die tun was man ihnen sagt und die einfach zu handhaben sind werden liebenswert genannt. Die Sturen die sich wehren sind es nicht. Und selbst dann, die kleinen Bastarde die versuchen ihren eigenen Weg zu gehen sind noch schlimmer. Jeder weiß selbst wenn niemand es sagt das es so ist. Selbst meine Zellenmutter sagte das ich ein Problemkind wäre ohne auch nur ein Zeichen von kooperativem Miteinander.” Er schürzte die Lippen zu einem Schmollen.

Um die Essenz von dem was er sagte zu greifen drückte Katze die Zigarette aus und sagte, “Nun, Mutter oder Schwester, sie sind alle Menschen, oder nicht? Ob nun Kinder oder Partner, es muss eine Art von Chemie zwischen ihnen existieren.”

Dies als letzte Worte nehmend antwortete Riki. “Ich gehe dann mal zu Warenhaus Nummer drei. Ich she dich demnächst.”

Er drehte sich um um zu gehen und seine Arbeit zu machen und wie er es erwartet hatte hielt Katze ihn nicht auf. Riki stieg in den Aufzug, einen tiefen Seufzer entweichend als die Türen sich schlossen.

Eine Mary, hm?

Unglaublich das er sich an ein Wort wie dieses in seinem jetzigen Lebensabschnitt erinnerte. Nur acht weitere Menschen – seine Mitbewohner – teilten sein Leben nach Guardian. Woher diese kamen konnte er nicht sagen, außer das es für ihn solange er sich erinnern konnte normal erschien mit ihnen zusammen zu sein.

Sein Zimmer dekoriert in hellen Farben mit Engeln und Feeen und Drachen – sein weiches Bett – schwebend in süße Träume – das sorgenfreie Lächeln und die beruhigenden Düfte – Riki wusste nicht was das für ein Ort war und er hatte auch nicht wirklich den Drang es zu erfahren. Denn, auf gewisse Art, hatte diese Welt alles was er brauchte.

“Bonbons” war es wie die Männer die sie hin und wieder besuchten Riki und die Anderen nannte. Riki hasste es wenn sie kamen. Niemandem war erlaubt die Zimmer zu verlassen an dem Tag. Niemand durfte draußen spielen an dem Tag. Und das schlimmste war das der Saft den die Nannies ihnen an dem Tag zum trinken gaben wie Urin schmeckte. Es sorgte immer wieder dafür das er sich krank fühlte danach.

Was zur Hölle bedeutete das alles? Die Traumwelt in der sie lebten zerriss plötzlich und Riki wusste es zum ersten Mal. Die Wahrheit die auf sie gebracht wurde ob sie es wollten oder nicht. Auf Aussage der ausführenden Erwachsenen von Guardian, waren diese entzückenden Kinder dazu da den Bedürfnissen der Erwachsenen zu dienen.

Der Schock für den Sinn ihres Lebens, die volle Tragweite dieser Selbstsüchtigen Art breitete sich aus. Dieser Schock erschütterte sie bis ins Mark.

Das ist nun deine Familie.

Du musst dich um nichts mehr sorgen.

Versteckt in diesen Worten teilten die bedauernden Blicke ihnen mit: Was war war, und du kannst nichts tun um es ungeschehen zu machen als sie sie in den Bereich ihres Einflusses zogen.

Vielleicht weil Riki der Jüngste gewesen war, oder auch als Nachwirkung der Medikamente die man ihnen als “Trost” gegeben hatte, machten die Erinnerungen die er hier und da erlebte nebulös und verschwimmend im Laufe der Zeit. Jetzt wo er fast schon nichtmehr in der Lage war die sich an die Gesichter seine Mitbewohner zu erinnern mit denen er im Alter von sechs bis elf zusammengelebt hatte, warum erinnerte er sich so genau an deren Namen und Gesichter der Freunde dort-?

Die platinblonde Aire, Leans blauschwarze Haare und die eisblauen Augen. Sheilas feuerrote Haare und die bernsteinfarbenen Augen. Ghils ungewöhnlich weißes Jaar und die scharlachroten Augen. Healths glattes, honigblondes Haar und braune Augen. Ravens silberne Haare und grauen Augen. Egal wieviele Jahre auch vergingen, jedes Gesicht blieb für immer jung in seinen Gedanken.

Als Riki im Alter von dreizehn Jahren Guardian verlassen hatte war ihre Anzahl auf fünf gesunken.

Mädchen die später einmal Kinder gebären konnten wurden in den Besitz von Guardian übernommen. Sie wollten sie einfach. Egal wie sehr ihre Herzen oder Gedanken verwirrt waren, sie wurden dazu gebracht sich der neuen Familie namens Guardian anzuschließen.

Wie Raven es einmal nannte, “Die unnützen Jungs reiten auf den Rockzipfeln der Mädchen.” Am Ende war Riki der einzige Überlebende unter ihnen.

Heath, Ghil und Raven – der Druck und Stress der begleitend war in dieser Einrichtung zerstörte sie viel zu schnell. Sie waren zu einfach für einen Ort wie Guardian, wo man dazu gezwungen wurde alles “gleich” zu sehen.

“Werde nicht so wie ich. Versprich es mir.” Heath war etwa im gleichen Alter wie Aire. Tränen traten in seien Augen als er nach Rikis Hand griff.

“Ich bin wirklich fertig”, waren Ravens letzte Worte, seine Augen glasig, seine Stimme gebrochen.

“Ich werde ganz sicher nicht sein wie sie!” Ghil hatte dies klar gemacht. Mit einem ausgemergelten, erschreckend harten Ausdruck im Gesicht. “Es tut mir leid – Es tut mir leid Riki. Ich habe es versucht – ich habe es versucht - aber-”

Seine Stimme versagte. Riki griff nach seiner Hand. Ghil weinte als er sich daran klammerte. Stöhnend, seine Stimme unterdrückt, sich an ihn klammernd, weinend, seine Arme dünn wie Stöcke, ein erschreckender Anblick.

Aber er musste etwas sagen. “Es ist OK. Es ist OK. Du musst es nicht weiterversuchen-” Riki streichelte über sein stumpfes, ausgemergeltes Haar.

Am nächsten Tag hatte er erfahren das Ghil im Schlaf gestorben war. Riki weinte leise. Er hatte ihm gesagt er solle aufhören es zu versuchen – war das nicht der Grund gewesen warum Ghils Wille zu Leben ihn verlies und er deswegen starb...?

Der gedanke daran machte sein Herz schwer wie Blei. Der Schmerz war unerträglich. Guy hatte ihn umarmt. “Du liegst falsch, Riki. Du hast Ghil nur einen Gutenachtkuss gegeben. Er wollte das du ihm sagst das es für ihn in Ordnung ist nun zu schlafen. Er war glücklich am Ende.”

Zuerst ging einer, dann zwei, dann drei seiner Freunde. Riki war der einzige der zurückblieb. Er wusste nicht ob er sich nun glücklich schätzen sollte oder nicht. Egal in welchem Fall hatte Guardian nie einen solchen Chaoten erlebt in all seiner Geschichte. Die große Nervensäge für alle “Mütter” und “Schwestern”.

Nichtsdestotrotz war Riki in gewisser Weise gesegnet. Auch wenn er in diesem Garten aus Lügen und Betrug gefangen war so war er doch in der Lage die einzige Person zu finden die ihn verstand – Guy.

Der Tag bevor er Guardian verlassen musste, kam Aire zu ihnen um sie zu besuchen. “Riki”, sagte sie. “Denke daran du hast nur zwei Hände um das festzuhalten was dir in diesem Leben wirklich wichtig ist. Egal wie sehr du auch glaubst das du etwas drittes brauchen magst, es wird dich verlassen. Lass niemals das wichtigste für dich gehen. Mache nicht den Fehler. Wenn du einmal loslässt, wirst du es nicht wiederbekommen.”

Mädchen wurden in ein anderes Gebäude verlegt sobald sie ihre erste Menstruation hatten, danach sah man sie nur noch selten. Aber da es sein letzter Tag war hatte Aire die Erlaubnis bekommen zu ihm zu gehen.

Da er sie eine lange Zeit nicht gesehen hatte, sah Aire sehr erwachsen aus. Für einen Moment hatte Riki sie einfach nur angestarrt. Das Mädchen hatte sich zu einer fast fremden, strahlenden jungen Frau entwickelt. Sie hatte nicht die Aura des weiblichen Geschlechts erreicht, sondern wirkte eher als wäre der hübsche Engel aufgestiegen in den Himmel und zu einer Göttin geworden.

Vermutlich würden eines Tages Flügel aus ihrem Rücken wachsten und sie würde zusammen mit Ghil und den Anderen den Himmel durchstreifen. Das war die Vision die seine Gedanken verfolgte.

Aire hielt ihn so sanft wie sie es immer getan hatte. Denke immer daran – lasse niemals los – mache keinen Fehler – Die Wichtigkeit ihrer Worte brannten sich in die Tiefe seiner Seele und die Emotionen füllten sein Herz, hinterliesen ihn sprachlos.

Und mit dieser letzten Umarmung verschwand Aure für immer aus seinem Leben.

Der vorgeschriebenen Route zum offiziellen Sprungtor mit maximaler Geschwindigkeit folgend war es ein Dreitagesflug zum Grenzland von Laocoon im Veran Sternensystem.

Während der Zeit behandelte Riki die beiden Puppen als nichts anderes als Zubehör. Er ersparte sich unnötigen Smalltalk und tat nichts anderes als was vorgeschrieben war, in einer geschäftlichen Manier und ohne Ausnahme.

Sie wurden von Androiden begleitet die ihnen Vollzeit als Sicherheitspersonal und Bedienstete dienten, und somit war das Leben auf dem Schiff recht stressfrei. Aber Riki konnte die unangenehmen Gedanken nicht vergessen. Seine einzige Sicherheit in diesen Momenten war sich dauerhaft eine uninteressierte Fassade zu bewahren.

Die evolutionäre Herkunft der Spezies und die Geheimnisse des Lebens hatte sich schon lange vom Einfluss der Götter befreit. Selbst wenn, so war die Last des Schicksals etwas das nicht jedem gleich auferlegt war. Die Schafe die nichts wussten außer dem was man zum Leben brauchte was man ihnen über Jahre hinweg in den Zellen ihrer Gefängnisse gelehrt hatte und nur taten was man ihnen sagte und was akzeptierten was immer das Leben ihnen zu bieten hatte.

In anderen Worten, ein Mann kannte kein Bedauern wenn er keine Träume hatte.

Eine Woche später.

Nachdem das Zubehör ohne Probleme ausgeliefert worden war und Riki nach Midas zurückgekehrt war, lud Alex ihn zu einer Runde starker Getränke ein zum ihn aufzuheitern. Diese Zeit allein hatte Riki vereinsamen lassen und er brauchte eine Ablenkung.

Um Dampf ablassen zu können besuchte er zum ersten Mal seit langem auch wieder Guy. Obwohl er es ohne einen großen Schluck an Alkohol in seinem Blut nicht einmal wagen würde diesem in die Augen zu sehen.

Riki hatte Bison kurz nachdem er ein Kurier für Katze wurde verlassen. Auch wenn er nur als einfach Laufbursche angefangen hatte und als Schoßhund von Katze geendet war hatte er nicht gedacht das er beides unter einen Hut bringen könnte. Die Anderen und auch Katze hatten genau das gleiche gedacht. Niemand hatte gewusst wie weit es sie bringen würde, aber wenn sie einmal Fuß darin gesetzt hatten zogen sie eine klare Linie.

Jeder wollte etwas das er vorzeigen konnte. Das war auch Rikis ultimatives Ziel. Er fürchtete keine Niederlage. Ein Slummongrel hatte nichts zu verlieren. Seine Augen waren blind für die Zukunft, das schwelende Geschenk der Slums war eine Ebbe die nie tiefer sinken konnte. Es gab keinen anderen Weg als nach oben.

Oder so dachte er. Die Realität war jedoch das Riki seine eigenen Verbindungen zu Bison hatte, aber keine besondere Loyalität zu seinem Titel als der größte Kämpfer der Sparte.

Das einzige das er nicht verlieren durfte war seine eigene Selbstachtung. Was er bewahren wollte war die Verbindung zwischen ihm und Guy. Wenn er direkt darüber nachdachte war das alles.

Er hatte sich nicht durch Eigeninitiative in die Machtkämpfe eingemischt. Er war nicht auf die Suche nach Überbleibseln gegangen oder nach einer Chance um sich von der Seite einzuschleichen um etwas abzugreifen.

Auf seine Weise hatte er einfach die Funken weggewischt und das genommen was über ihn gekommen war. Nachdem er den Ruf von Bison zu dem gemacht hatte was er war, war dies das letzte was man von ihm erwartet hatte.

Von Anfang an verabscheute Riki das “abhängen”. Auch wenn es bedeutete gegen den Strom zu schwimmen war es nicht seine Absicht auf Nichts zu setzen. Er war nicht gut darin sein eigenes Ego zu ignorieren und mit anderen zusammenzuarbeiten, und er hasste es wenn er anderen einen Gefallen schuldete.

Riki hatte das Kommando über Bison übernommen und getan was er tun musste auf die Art wie er es tun wollte. Er hätte es nicht allein können. Da wo er Probleme bekam sprang Guy für ihn ein. Luke unterstützte ihn, Sid achtete auf den Abschluss und Norris sorgte dafür das alles glatt lief. Das war es was nach Rikis Meinung Bison zu dem gemacht hatte was es war.

Aber Riki wollte nicht so sehr mit dem Namen von Bison verknüpft werden das man dachte er würde alles tun was andere von ihm wollten. Das bedeutete nicht das er Bison zerstören wollte. Das war einfach nur der Moment in der Zeit den Riki nutzen musste.

Also umso besser wenn er zur Seite trat und jemand neues seinen Platz als Oberhaupt einnehmen würde. Oder wenn sie die Gelegenheiten ergriffen für sich selbst ein neues Zuhause zu finden. Riki war nicht sonderlich besorgt über die Zukunft von Bison. Sein Verlangen auszusteigen hatte sich nicht geändert.

Aber es wäre verrückt zu glauebn das Guy und die anderen so einfach ihre Verbindung zu Bison trennen würden. Selbst wenn Bison sich trennen würde, würde Riki nicht Guy als seinen Partner aufgeben. Selbst wenn der momentane Status ihrer Beziehung an der Grenze von Entfremdung kratzte blieb Guy doch die Grundlage von Rikis Herzen. Das würde sich auch so schnell nicht ändern.

“Lasse niemals gehen was dir wichtig ist.” Aire's Worte hallten in seinen Ohren.

Er war Kurier geworden ohne nach Guys Meinung zu fragen. Und zu dieser späten Stunde wollte er nicht anfangen diesen Akt der Selbstsucht zu bereuen, aber Riki wollte nicht die Wärme von Guys Nähe verlieren.

Aber er hatte nur zwei Hände um an den wichtigsten Dingen in seinem leben festzuhalten.

Sein eigener Stolz in das was er tun konnte – die Bindung die ihn zu Guy zog – ein Traumjob der es wert war getan zu werden – Was davon konnte er sich leisten wegzuwerfen? 

Auch wenn Katze eine sehr einnehmende Rede gehalten hatte, je mehr Riki darüber nachdachte desto mehr Kopfschmerzen bekam er. Eine befriedigende Antwort war lange Zeit nicht herausgekommen.

“Mache keinen Fehler Riki. Wirf es weg und du wirst es nie wiederbekommen.” Aires Worte trafen ihn. Riki fand sich am Ende eines Dilemmas wieder.

Wäre es vielleicht besser diese Regel in seinem Kopf zu vergessen? In diesem Falle müsste er nichts aufgeben. Aber wenn er es sich selbst erlauben würde, was wäre dann noch an Versprechen von ihm übrig fragte Riki sich?

“Riki? Was ist los? Was hast du?” fragte Guy als Riki sich ihm unerwartet zuwandte.

Seine Stirn war gerunzelt darüber das Rikis Abwesenheit aus ihrem bequemen Bett ihn irritierte. Guy begrüßte ihn auf seine angenehme Art und Weise. “Du scheinst gut gelaunt zu sein. Läuft alles nach deinem Plan?”

Läuft alles nach meinem Plan?

Nun er hatte den Job unter Kontrolle und das Geld floss. Also hatte er Guy einen wirklich guten Tropfen an Alkohol mitgebracht, ein sehr seltenes Geschenk in den Slums. Das war es auch vermutlich was er damit meinte als er fragte ob die Dinge “nach seinem Plan” liefen.

Seine Stimmung war gelassen. Seine Gedanken erschreckend klar, auch wenn sein Herz schmerzte. Ein Gefühl des Unwohlseins, von dem er nicht wusste wie er damit umgehen sollte brachte ihn dazu es einfach auszusprechen: "Beobachte mich dabei, wie ich hier rauskomme, Guy."

Nein, solch eine klare Aussage Guy gegenüber zu machen war für ihn etwas um sich in eine Lage zu bringen aus der es kein zurück mehr gab. Welche der drei? Unsicherheit ergriff seine Gedanken. Er fing an sich selbst zu hassen.

Er hatte nur zwei Dinge um an dem wichtigsten in seinem Leben festzuhalten. Wenn es so war dann würde er statt das dritte zu verlieren es nur noch fester halten, wenn es sein musste würde er sich festbeißen und es einfach mit sich zerren.

Für einen Moment sah Guy ihn nur an, als würde er nach den Worten für seine Antwort suchen “Ja, sicher-” antwortete er in dem ruhigen Tonfall den Riki so gewohnt war, die Lippen leicht an den Ecken verziehend.

Doch Riki bemerkte es nicht. Er hatte keine Ahnung das diese Worte sich wie vergiftete Stacheln in Guys Herz gebohrt hatten.